Talker für Menschen im Autismus-Spektrum
Kurzfassung:
Talker sind Tablet-PCs mit Sprachsoftware, die Anwendern mit Diagnose aus dem Bereich der Autismus Spektrum Störungen die Kommunikation vereinfachen oder ermöglichen können.
Talker sind nicht nur Kommunikationsmittel, sondern haben heutzutage weitreichende Funktionen, die die Ziele der Sprachtherapie unterstützen, z B. durch Sprachspiele oder Alltagshilfen.
Talker sind keine Geräte von der Stange. Sie werden in Absprache mit Logopädin/-e und Eltern individuell auf die kognitiven und sprachlichen Fähigkeiten des autistischen Kindes eingerichtet.
Aufgrund der hohen Kosten werden die als Hilfsmittel zugelassenen Spachcomputer meist nicht privat gekauft, sondern über die Krankenkasse beantragt.
Die Versorgung erfolgt über spezialisierte Hilfsmittelberater, die die Ansprechpartner für Einrichtung und Einweisung des Geräts sind und bei spätere Anpassungen,
insbesondere wenn sich die sprachlichen Fähigkeiten des Kindes mit Autismus im Laufe der Zeit erweitern, helfen.
Über die Talkerberatung des Hilfsmittelnetzwerks haben Sie die Möglichkeit, sich zum Thema beraten zu lassen und einen Talker bei Ihnen zu Hause kostenfrei zu erproben.
Beratung und Erprobung anfordern
Kommunikation ist wichtig. Ein Vorwort.
Jeder Mensch hat ein Bedürfnis nach Kontakt mit anderen. Gerade bei Kindern ist die Möglichkeit, nach Zusammenhängen zu fragen und die Welt durch Sprache zu beinflussen,
wesentlich für ihre intellektuelle Entwicklung.
Die Möglichkeit, Gefühle auszudrücken, ist wesentlich für die emotionale und soziale Entwicklung.
Und die Möglichkeit, mitzubestimmen und ausdrücken zu können, was man möchte und was nicht, ist wesentlich für die Erfahrung von Selbstverwirklichung.
Schon der Philosoph Martin Buber wußte vor einhundert Jahren: „Der Mensch wird am Du zum Ich“.
Sprachtherapeuten sind sich daher weitgehend einig, dass man die Bedeutung von kommunikativen Fähigkeiten für die Entwicklung von geistigen, emotionalen und sozialen Kompetenzen
nicht vernachlässigen darf und man mit unterstützter Kommunikation frühstmöglich beginnen sollte, wenn ein Kind nicht altersgemäß spricht.
Unterstützte Kommunikation kennt viele Arten von Kommunikationshilfen. Das reicht von der einfachen Bildkarte, über sprechende Tasten bis hin zu vollwertigen Sprachcomputern (Talkern).
Autismus und Kommunikation
Sprachliche und kommunikative Fähigkeiten von Menschen mit Autismus können von Fall zu Fall höchst unterschiedlich sein.
Insbesondere der frühlinklicher Autismus ist von einer qualitativen Beeinträchtigung der Kommunikation geprägt,
die sowohl das Sprachverständnis als auch die Sprachproduktion betreffen kann.
Ein fehlender Gebrauch nonverbaler Verständigung wie Handbewegungen und Körpersprache macht ein gegenseitiges Verstehen nicht einfacher.
Fehlt die Möglichkeit, sich auszudrücken und verstanden zu werden,
kann das in Ärger und Wut und damit einhergehenden aggressivem oder reaktionsprovozierendem Verhalten münden -
oder in ein emotionales und soziales In-Sich-Gekehrtsein.
Mit einem Talker können autistische Kinder Aufmerksamkeit einfordern, ihre Bedürfnisse äußern, protestieren, Fragen stellen, mitbestimmen.
Mithilfe eines Talkers werden nichtsprechende Kinder bei der Entscheidungsfindung im Alltag weniger ausgeklammert und können eher an Gruppe oder Gesellschaft teilhaben.
Der Talker als Kommunikationsmittel
Ein Talker ist üblicherweise mit Fotos und Piktogrammen bestückt und gibt dahinterliegenden Aussagen über eine Sprachausgabe laut aus.
Es ist kein Textverständnis oder ausgeprägtes Sprachverständnis nötig.
Die Anwenderoberfläche eines Talkers kann, je nach Modell, auf kurzem Wege durch Eltern oder begleitenden Sprachtherapeutinnen/en
nahezu beliebig geändert werden, das heißt die Fotos und Piktogrammen und die dahinterliegenden Aussagen können angepasst werden.
So können nicht nur Wünsche des autistischen Anwenders, sondern auch sprachtherapeutische Ziele und
Besonderheiten im Familienalltag auf der Talkeroberfläche berücksichtigt werden, die durch Angehörige oder Therapeuten bei Fortschritt in den sprachlichen Fähigkeiten jederzeit angepasst und erweitert werden können.
Weitere Funktionen eines Talkers bei Autismus
Ein Talker dient bei Menschen mit Autismus nicht nur zur Gesprächsverständigung, sondern fördert auch das eigenständige Beschäftigen mit Sprache.
Der Talker wird für den Autisten zu einem Sprachübungscomputer.
Auf modernen elektronischen Kommunikationshilfen sind meist Sprachspielen oder Übungen hinterlegt, die
beim Visualisieren von Tagesabläufen, Wochenplänen, Verhaltensalternativen, Ursache-Wirkungen helfen,
aber auch das eigenständige Üben von Dialogen erlauben und Ängste in diesem Zusammenhang abbauen können.
Auch Lautgebärden oder logopädische Videos können auf geeigneten Sprachcomputern dargestellt werden.
Kommunikationsanbahnung
Talker verfügen üblicherweise über eine mehrstufige Kommunikationsstrategie.
Um das Kind nicht zu überfordern, wird ein einfacher Einstieg nach den aktuellen Kommunikationsmöglichkeiten des Kindes gewählt und das System nach und nach erweitert.
Zu Beginn, in der Phase der Kommunikationsanbahnung, kann die Nutzeroberfläche aus zwei simplen Buttons bestehen, die lediglich zwei Aussagemöglichkeiten zulassen (z. B. ja / nein, nochmal / fertig).
Der Wortschatz kann an den Spezialinteressen des jeweiligen Kindes ausgerichtet sein und sich mit den sprachlichen Fähigkeiten erweitern.
Überholt ist die Ansicht, eine Kommunikationshilfe unterdrücke die Chance die eigene Lautsprachentwicklung voranzutreiben. Im Gegenteil,
ein früher Einsatz einer Kommunikationshilfe kann sich positiv auf die eigene Lautsprachentwicklung auswirken.
Ein Talker ist ein zusätzliches Angebot, Kommunikation zu nutzen und bietet durch Fotos und Symbole die visuelle Unterstützung von Gesagtem.
Auf Autismus spezialisierte Sprachcomputer berücksichtigen die Stärken von Anwendern mit Autismus wie
die Sachorientierung, die Ordnung und das Systematisieren und die starke gefühlsmäßige Bindung an Tiere oder Objekte.
Symbole, die für nichtsprechende Erwachsene sonstiger Genese entwickelt wurden, eignen sich nur dann, wenn sie konkret genug sind und nicht etwa
abstrakte Bedeutungen „zwischen den Zeilen“ symbolisieren wollen.
Den Sonderinteressen, der Veränderungsangst und den Wahrnehmungsbesonderheiten in Hinblick auf Sensibilität und Reizempfindlichkeit
sollte in jedem Fall Rechnung getragen werden.
Über die Hilfsmittelberater unseres Netzwerkes haben Sie als Betroffene/r, Eltern, Sprachtherapeut/in usw. die Möglichkeit einer Beratung und kostenfreien Talker-Erprobung.
Diese kann beispielsweise zu Hause oder in der Logopädiepraxis stattfinden.
Wenn Sie eine Beratung oder kostenfreie Erprobung wünschen, schreiben Sie bitte direkt an den Hilfsmittelberater für Ihre Region.
Geben Sie dazu im ersten Schritt Ihre Postleitzahl (PLZ) in das Feld ein und klicken auf „absenden“.
Anschließend haben Sie die Möglichkeit, Ihr Anliegen zu schildern und mit dem Berater in Kontakt zu kommen.